Online-Dienste können alle Ihre Nachrichten scannen. Hier erfahren Sie, wie Sie sich schützen können!
tl;dr: Um sicherzustellen, dass Ihre Nachrichten privat bleiben, müssen Sie jetzt auf verschlüsselte Dienste umsteigen.
ePrivacy-Richtlinie verwässert
Die ePrivacy-Richtlinie der EU war ein hervorragendes Gesetz, das die privaten Daten der EU-Bürger vor allzu aufdringlichen Lauschangriffen schützte. Auch Unternehmen, die Kommunikations-Apps wie Messaging-Apps und E-Mail-Dienste anbieten, wurden verpflichtet, die Privatsphäre ihrer Nutzer zu respektieren und die Daten ihrer Nutzer sicher zu halten.
Dieses Gesetz wurde nun jedoch aufgeweicht. In ihrer jüngst beschlossenen Ausnahmeregelung hat die EU entschieden, dass Unternehmen alle Nachrichten aller Nutzer ständig scannen dürfen.
Dies ist ein noch nie dagewesener Eingriff in die Privatsphäre der Nutzer, da es eine umfassende Form des Abhörens erlaubt, die kaum zu kontrollieren ist. Zwar gibt es natürlich Regeln und Vorschriften für die Unternehmen, wie sie die Nachrichten der Nutzer scannen dürfen und wie sie ihre Ergebnisse melden müssen, aber es gibt keine Garantie dafür, dass die aus den automatisierten Scan-Prozessen gewonnenen Daten nicht missbraucht oder gar oder gestohlen werden.
Grund für die Ausnahmeregelung
Der Grund für diese Abweichung von dem Schutz der Privatsphäre der Nutzer ist, dass die europäischen Behörden wollen, dass Chat- und E-Mail-Anbieter ihre Inhalte auf missbräuchliche Inhalte, wie z.B. Kinderpornografie, scannen und verdächtige Inhalte an die Behörden melden.
Die Frage, die sich hier stellt, ist die Frage nach der Verhältnismäßigkeit: Ist es zu rechtfertigen, dass ständig alle Nachrichten gescannt werden, um einige Kriminelle zu erwischen?
Um diese Frage besser beurteilen zu können, kann man sich auch die Statistiken der deutschen Behörden dazu ansehen, wer überwacht wird.
Vergleich des Prozentsatzes der Überwachungsanordnungen für Kinderpornographie und Drogendelikte in Deutschland, 2009-2019.
Diese Statistiken zeigen, dass die meisten Überwachungsanordnungen für Telekommunikationsanbieter angeordnet werden, um Kriminelle wegen Drogendelikten zu fangen, nicht Pädophile.
Opposition gegen die ePrivacy-Ausnahmeregelung
Patrick Breyer von der Piratenpartei sagt dazu:
“Die Annahme der ersten EU-Verordnung zur Massenüberwachung ist ein schwarzer Tag für alle, die auf unbefangene und vertrauliche Kommunikation und Beratung angewiesen sind wie Missbrauchsopfer und Presseinformanten. Die Verordnung versetzt dem digitalen Briefgeheimnis den Todesstoß. Sie ist allgemein ein Dammbruch in Richtung verdachtsloser Überwachung privater Räume durch Konzerne – mit dieser totalitären Logik könnten auch unsere Post, unsere Smartphones oder unsere Schlafzimmer unter Überwachung gestellt werden. Solche Denunziationsmaschinen auf uns loszulassen ist ineffektiv, illegal und unverantwortlich."
"Eine wahllose Suche ins Blaue hinein ist der falsche Weg zum Schutz von Kindern und gefährdet diese sogar, indem ihre privaten Aufnahmen in die falschen Hände geraten und Kinder vielfach kriminalisiert werden. überlastete Ermittler werden mit dem tausendfachen Aussortieren strafrechtlich irrelevanter Nachrichten aufgehalten. Die Opfer eines so schrecklichen Verbrechens wie des sexuellen Kindesmissbrauchs haben ein Recht auf Maßnahmen, die Missbrauch von vornherein verhindern. Der richtige und überfällige Weg wären etwa verstärkte verdeckte Ermittlungen in Kinderporno-Ringe und ein Abbau der jahrelangen Bearbeitungsrückstände bei Durchsuchungen und Auswertungen beschlagnahmter Datenträger durch die Polizei.”
EDRi, das größte europäische Netzwerk zur Verteidigung von Rechten und Freiheiten im Internet, sagt:
“Die Gesetzgebung ist eine negative Entwicklung in dem Sinne, dass sie das kontinuierliche, freiwillige Scannen der gesamten Kommunikation durch private Unternehmen legalisieren wird. Die Dienste, die in den Anwendungsbereich der Übergangsverordnung fallen, sind genauso breit definiert wie in der ePrivacy-Richtlinie, einschließlich von Facebook-Messenger-Nachrichten, Tinder-Chats, E-Mails und jede andere Form der Online-Kommunikation, die in Zukunft auftauchen wird, fällt potenziell in den Anwendungsbereich.”
Was die Ausnahmeregelung von ePrivacy für mich bedeutet
Die Ausnahmeregelung der ePrivacy-Richtlinie muss für uns alle besorgniserregend sein. Sie erlaubt es privaten Unternehmen, alle unsere Nachrichten zu scannen, ohne dass es eine Kontrolle darüber gibt, was diese mit unseren privaten Kommunikationsdaten machen.
Was uns allen jetzt bleibt, ist, weiter für unser Recht auf Privatsphäre zu kämpfen. Die EU plant, diese vorläufige Ausnahmeregelung durch eine langfristige Gesetzgebung zu ersetzen. Wir müssen jetzt handeln, um diese Gesetzgebung so zu gestalten, dass private Kommunikation privat bleibt.
EDRi empfiehlt Ihnen, die Organisationen für digitale Rechte in Ihrem Land zu kontaktieren und zu fragen, wie Sie in unserem gemeinsamen Kampf für die Privatsphäre helfen können.
Ist Tutanota von diesem Gesetz betroffen?
Nein. Das Scannen, das jetzt von der EU legalisiert wurde, ist freiwillig. Das heißt, nur Unternehmen, die die Nachrichten ihrer Nutzer scannen wollen, dürfen dies tun. Tutanota verschlüsselt alle Ihre Daten, wir wollen Ihre Nachrichten nicht lesen. Daher werden wir auch Ihre E-Mails nicht scannen.
Stattdessen konzentrieren wir uns darauf, Ihr Recht auf Privatsphäre zu schützen.
Hören Sie auf, Gmail & Co zu nutzen
Um Ihre Privatsphäre zu schützen, müssen Sie jetzt aufhören, jegliche Chat- oder E-Mail-Dienste zu nutzen, die keine Ende-zu-Ende-Verschlüsselung verwenden.
Wenn die Ausnahmeregelung der ePrivacy-Richtlinie ein positives Ergebnis hatte, dann ist es dieses: Durch die umfangreiche Berichterstattung über die EU-Pläne haben viele Menschen erfahren, dass ihre privaten Nachrichten bereits gescannt und überwacht werden. Wenn Sie einen Dienst nutzen, der Ihre Nachrichten nicht Ende-zu-Ende verschlüsselt, ist es sehr wahrscheinlich, dass jemand anderes mitliest.
Deshalb empfehlen wir Ihnen, Gmail und andere unverschlüsselte Dienste nicht mehr zu nutzen! Glücklicherweise gibt es sichere Alternativen.