Geldstrafe für Facebook und Instagram: Wie das kleine Land Norwegen endlich das Geschäftsmodell von Meta zerstören könnte.

Mit einer Geldstrafe von nur 100.000 Dollar könnte Norwegen das Geschäftsmodell mit personalisierter Werbung von Facebook und Instagram zerstören.

2023-07-18
Norwegen hält das von Meta durchgeführte Tracking und Profiling für Werbezwecke für illegal.
Meta - der Tech-Gigant aus dem Silicon Valley, der seit Jahrzehnten wegen Verstößen gegen den Datenschutz und die Privatsphäre heftig kritisiert wird - bekommt nun endlich echten Gegenwind; allerdings nicht von der Europäischen Union. Das kleine Land Norwegen nimmt es mit dem Tech-Giganten auf. Wird es David gelingen, Goliath zu besiegen?

Geldstrafe für Meta wegen Datenschutzverletzungen

Norwegen hat gerade personalisierte Werbung auf Facebook und Instagram für illegal erklärt. Wenn das US-Unternehmen gegen dieses Verbot gezielter Werbung verstößt, droht ihm ab dem 4. August für drei Monate eine tägliche Geldstrafe von 100.000 Dollar (1.000.000 NOK).

Während der Betrag für einen Tech-Giganten wie Meta eher gering erscheint, könnten diese beiden Fakten das Unternehmen dennoch schwer schädigen:

  1. 100.000 Dollar pro Tag für ein Land mit ~5,4 Millionen Einwohnern ist eine Menge. Wenn auch nur 20 Prozent Facebook regelmäßig nutzen, dann wären das immer noch 10 Cent pro Nutzer und Tag. Es ist unwahrscheinlich, dass Meta so viel Gewinn pro Nutzer erwirtschaftet - jeden Tag.

  2. Die norwegische Geldstrafe ist nur der Anfang. Die norwegische Datenschutzbehörde fordert die europäischen Behörden auf, ebenfalls Maßnahmen gegen die Praxis der gezielten und personalisierten Werbung von Facebook und Instagram zu ergreifen.

Verletzung der Privatsphäre durch Facebook und Instagram

Mit ihrer Geldbuße greift die norwegische Datenschutzbehörde direkt das Herzstück des Geschäftsmodells von Facebook und Instragram an: gezielte Werbung.

Norwegen ist dafür bekannt, gegen gezielte Werbung zu kämpfen. So veröffentlichte der norwegische Verbraucherrat einen Bericht, in dem er ein Verbot von überwachungsbasierter Werbung im Jahr 2021 forderte, gefolgt von einem Aufruf von datenschutzfreundlichen Unternehmen wie Tutanota, gezielte Werbung zu verbieten.

Die Kritik der norwegischen Behörde an Facebook und Instagram lautet wie folgt:

"Meta verfolgt im Detail die Aktivitäten der Nutzer seiner Plattformen Facebook und Instagram. Die Nutzer werden unter anderem danach profiliert, wo sie sich aufhalten, für welche Art von Inhalten sie sich interessieren und was sie veröffentlichen. Diese persönlichen Profile werden für Marketingzwecke verwendet - so genannte verhaltensbasierte Werbung. Die norwegische Datenschutzbehörde hält die Praxis von Meta für illegal und verhängt daher ein vorübergehendes Verbot von verhaltensbasierter Werbung auf Facebook und Instagram."

Die Entscheidung, das Profiling und die gezielte Werbung von Facebook und Instagram für illegal zu erklären, kommt kurz nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH), das Meta verbietet, personenbezogene Daten von Nutzern wie Standort, Verhalten usw. für Werbezwecke zu sammeln.

Zuvor, im Dezember 2022, hatte die irische Datenschutzkommission im Namen aller Datenschutzbehörden im Europäischen Binnenmarkt (EWR) eine Entscheidung erlassen, in der festgestellt wurde, dass Meta illegale verhaltensbezogene Werbung betrieben hat. Meta hat zwar einige Änderungen vorgenommen, diese wurden jedoch als nicht ausreichend erachtet, da die verhaltensbezogene Werbung von Meta immer noch nicht mit der europäischen Gesetzgebung konform ist. Aus diesem Grund hat der EuGH sein Urteil erlassen.

Die norwegische Behörde Datatilsynet hat seine Beschwerden an den Europäischen Datenschutzausschuss weitergeleitet, der die Strafe auf ganz Europa ausweiten könnte.

"Es ist so klar, dass dies illegal ist, dass wir jetzt und sofort eingreifen müssen. Wir können nicht länger warten", sagte Tobias Judin, Leiter der internationalen Abteilung von Datatilsynet, gegenüber Reuters. Das Ziel sei es, "zusätzlichen Druck" auf Meta auszuüben.

Norwegen kann seine eigenen Maßnahmen gegen Meta ergreifen, da es zwar Mitglied des europäischen Binnenmarktes, aber nicht der EU ist.

Vorübergehendes Verbot von gezielter Werbung

Die norwegische Datenschutzbehörde weist darauf hin, dass sie "Facebook oder Instagram in Norwegen nicht verbietet. Vielmehr soll sichergestellt werden, dass die Menschen in Norwegen diese Dienste auf sichere Weise nutzen können und ihre Rechte gewahrt bleiben".

Die norwegische Datenschutzbehörde verbietet nicht die personalisierte Werbung auf Facebook oder Instagram als solche. Die Entscheidung hindert Meta beispielsweise nicht daran, Werbung auf der Grundlage von Informationen zu schalten, die ein Nutzer in seiner Biografie angegeben hat, wie Wohnort, Geschlecht und Alter, oder auf der Grundlage von Interessen, die ein Nutzer selbst angegeben hat. Die Entscheidung hindert Meta auch nicht daran, Nutzern, die dem zugestimmt haben, verhaltensbezogene Werbung zu zeigen.

Aber: "Alle Geschäftsmodelle müssen die Privatsphäre als Menschenrecht respektieren. Nutzer müssen ausreichende Kontrolle über ihre eigenen Daten haben, und jede Verfolgung muss begrenzt sein", sagte Judin. Und: "Invasive kommerzielle Überwachung zu Marketingzwecken ist heute eine der größten Gefahren für den Datenschutz im Internet."

Die norwegische Datenschutzbehörde argumentiert, dass Meta eine immense Macht hat, Menschen zu beeinflussen, indem es gezielte Werbung schaltet - und auch, indem es bestimmte Anzeigen nicht schaltet, die nicht zum Profil der Person zu passen scheinen. Dies beeinträchtigt das Recht auf freie Meinungsäußerung und die Informationsfreiheit, insbesondere wenn es um politische Anzeigen geht. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass verhaltensbezogene Werbung bestehende Stereotypen verstärkt oder zu einer ungerechten Diskriminierung verschiedener Gruppen führen könnte.

Europäische Maßnahmen in Vorbereitung

Die irische Datenschutzkommission (DPC) mit Sitz in Dublin, Irland, ist für die Überwachung von Meta und damit auch von Facebook und Instagram zuständig. Allerdings wurde die irische Datenschutzkommission in der Vergangenheit dafür kritisiert, dass sie ihre Arbeit nicht richtig macht. Erst auf Druck von europäischen Gerichten und Institutionen verhängte sie die bisher höchste Geldstrafe gegen Facebook - 1,2 Milliarden Euro.

Die norwegische Datenschutzbehörde hat nun direkt gegen Meta interveniert, weil dringender Handlungsbedarf bestand, insbesondere weil Meta vor kurzem sowohl eine Entscheidung als auch ein EU-Urteil zu seinen illegalen Tracking-Praktiken erhalten hat. "Wenn wir jetzt nicht eingreifen, würden die Datenschutzrechte der Mehrheit der Norweger auf unbestimmte Zeit verletzt werden", so die norwegische Behörde.

"Nach dem Sommer werden wir die Angelegenheit möglicherweise vor den Europäischen Datenschutzausschuss (EDPB) bringen, in dem wir Mitglied sind. Der EDPB wird entscheiden, ob die Entscheidung über ihre ursprüngliche dreimonatige Gültigkeitsdauer hinaus verlängert werden kann."

Threads nicht in der EU verfügbar

Bemerkenswert ist auch, dass die neue Meta-Plattform Threads, die als neue Twitter-Alternative bezeichnet wird, immer noch nicht in der EU gestartet ist, obwohl sie bereits in den USA und in Großbritannien verfügbar ist.

Dies ist ein weiteres Zeichen dafür, dass Meta von der EU ernsthaften Gegenwind gegen sein Geschäftsmodell der personalisierten Werbung erhält.

Die nächsten Monate werden also hochspannend: Wird die EU endlich die Datenschutzrechte von 450 Millionen Menschen verteidigen?